F r i t z   S T R A U S S

 


'kurz hinterher hat man es dann im mund'

der vortrag 'kurz hinterher hat man es dann im mund' wurde von fritz strauss im rahmen der ausstellung 'MITDENAUGENESSEN' - in der ausstellungsbrücke der NÖ landhausgalerie in st. pölten - gehalten. der vortrag lehnt sich an die studie 'ich spüre mein essen', die in zusammenarbeit mit der psychologin dr.in michaela jonach durchgeführt wurde. der fokus lag auf den fragen: wie wichtig ist das sinnliche erleben für uns erwachsene? wie spricht nahrungsaufnahme unsere sinne an? wie sinnlich ist essen? ziel war es die wertigkeit des sinnlichen empfindens beim essen herauszufinden.

"essen ist eines unserer grundbedürfnisse. essen ist ein thema, das alle menschen berührt. essen spricht all unsere sinne an. essen ist ein gefühl, essen ist erleben. essen ist etwas sinnliches." - so fritz strauss über die anfänglichen überlegungen zur studie.

ausgangslage

kleinkinder empfinden das essen als ein gesamtheitliches sinnliches vergnügen. sie wollen wissen, wie etwas schmeckt und riecht, wollen die nahrung in jeder hinsicht erforschen. ist das essen da auf dem teller hart oder weich, kalt oder warm? was passiert wenn ich es drücke, lässt es sich festhalten?
im laufe des erwachsen-werdens passiert es, dass
durch kulturelle verhaltensmuster uns die freiheit genommen wird, um beim essen all unsere sinne zu erleben. wir verlernen sie einzusetzen. heute können oder wollen wir uns nicht an dieses sinnliche erlebnis erinnern und können daher nicht unseren sinnlichen instinkt entfalten.

die studie 'ich spüre mein essen'

den teilnehmerInnen wurden in drei durchgängen ein gericht serviert, bei denen sie jeweils ein anderes esswerkzeug verwenden mussten. als esswerkzeuge standen besteck, stäbchen und die finger zur verfügung. Alle probandInnen sind mit besteck aufgewachsen. die reflexionen der beim essen aufgetauchenden gefühle und empfindungen wurden aufgezeichnet und analysiert.

die ergebnisse

die sinnlichkeit bei der nahrungsaufnahme wird am stärksten durch das essen mit den fingern empfunden. finger und holzstäbchen sind „warme“ esswerkzeuge, das besteck wird als kalt wahrgenommen. das besteck steht für eine distanz zur nahrung und erzeugt lärm („geklapper“). hingegen bei den 'fremden' esswerkzeugen wird eine gewisse 'technische unsicherheit' empfunden.

deutlich wird auch eine reflexartige verwendung der verschiedenen werkzeuge aufgrund erlernter bilder in unserem kulturkreis - schnitzel ist gleich besteck; obst ist gleich finger.
ein lernprozess während der durchführung der studie war,
dass eine esswerkzeug-alternative neue, zum teil positive, zum teil negative, erfahrungen im umgang mit den sinnen auslöst. die jeweilige wahl eröffnet individuelle möglichkeiten des sinnlichen erlebens und erweitert das spektrum der möglichkeiten sinnlichkeit zu erleben.


das resumée
zusammenfassend kann gesagt werden, dass
das essen mit besteck, stäbchen und fingern je nach empfinden und nahrungsangebot anders ist. jede/r soll ihre/seine sinneswelt finden und die sinnlichkeit erleben. damit knüpft fritz strauss die verbindung zu der ausstellung „MITDENAUGENESSEN“ denn "jede/r darf in den kunstwerken die eigene Sinnlichkeit entdecken und erleben".

wien, 22. september 2005

 

fritz strauss beschäftigt sich im bereich design schon seit einigen jahren mit dem thema „essen und sinnlichkeit“. projekte wie z.b. die innenarchitektur für das wiener restaurant schnattl im 8. wiener bezirk oder das besteckdesign „kult“ für den führenden besteckproduzenten WMF zeugen davon. unter der inhaltlichen leitung fritz strauss findet im märz 2006 ein design-symposium zu diesem thema bei der WMF in geislingen an der steige statt.